Das Corona-Sommerlager mit 29 Versprechen!
Erschienen am 19. September 2021 in Allgemein
Nach langem Bangen, ob und inwiefern ein Sommerlager in Corona-Zeiten überhaupt stattfinden kann, war es in der vorletzten Sommerferienwoche tatsächlich so weit: die Leitenden packten den Anhänger mit Material und alle Teilnehmenden ihre Rucksäcke und so traf sich die vierzig Frau und Mann starke Gruppe am Samstagfrüh in Witzenhausen am ZOB, um nach dem obligatorischen Covid-Test gemeinsam mit dem Reisebus in den Harz aufzubrechen. Für eine gute Woche sollte der Zeltplatz am Forsthaus Eggerode, in der Nähe von Thale, unser Zuhause sein.
Der Samstag stand ganz im Zeichen des Lageraufbaus. Es wurden die vier weißen Zelte für die Wölflinge, die fünf Kothen für die Jupfis, Pfadis und Rover*innen, die Jurte für die Leitenden, aber auch die zwei Aufenthalts-Jurten aufgebaut. Besonders stolz sind wir auf unsere beiden Neuanschaffungen: eine petrolfarbene Kothe und eine schwarze Superjurte! Während die Älteren noch mit dem Aufbau der Zelte beschäftigt war, wurde bereits der kleine Bach, der direkt neben unserem Zeltplatz lag, unter die Lupe genommen. Unser Bergbau-Team fand großen Spaß daran, einen gigantischen Staudamm zu bauen: die Abkühlung bei den hohen Temperaturen tat allen gut. Auch das Lagerfeuer wurde entzündet: es sollte für die nächsten sechs Tage nicht mehr erlöschen. Zu jeder Abendrunde wurde ein Kapitel aus dem Buch „Der kleine Mann“ von Erich Kästner vorgelesen, bevor die ersten Kinder ins Bett gingen.
Am nächsten Tag mussten nach der täglichen Morgenrunde erst einmal alle Namen gelernt werden, denn immerhin sind über fünfzehn Monate ohne Gruppenstunden und Lager eher weniger förderlich, um die anderen Teilnehmenden des Stammes kennenzulernen. So spielten wir allerhand Kennenlernspiele und übten fleißig für den Rest des Tages die Namen. Der Abend wurde, wie die vielen anderen, lange bei guten Gesprächen und Liedern am Lagerfeuer verbracht.
Am Montag teilten die Kinder und Jugendlichen sich je nach Lust und Laune in kleinere Gruppen auf, um an verschiedenen Workshops teilzunehmen, die von den Leitenden angeboten wurden. Beispielsweise konnten Geschirrbeutel bemalt, Aufnäher auf die Kluft genäht, Ohrringe und Ketten gebastelt, Halstuchknoten gemacht oder Freundschaftsbänder geknüpft werden. Am Nachmittag fand ein weiterer Workshop zum Thema „FairTrade“ statt, bei dem Stammeskuratin Sabine Jacobs mit ihrer wertvollen Erfahrung viele gute Denkanstöße über faire Lebensmittel wie Schokolade, Bananen und Orangensaft streute. Am Abend wurde der Stamm von den Rover*innen verwöhnt, die für alle ein leckeres Menü aus Kartoffeln mit Quark, (Veggie-) Würstchen und Salat zauberten.
Am Dienstag und Mittwoch fanden dann die sogenannten Stufentage statt: am Dienstagvormittag mussten zuerst alle Teilnehmenden den obligatorischen Covid-Test über sich ergehen lassen, danach wurde geplant und gepackt: die Kinder und Jugendliche verließen nach und nach den Platz, um die beiden Tage allein in den Stufen zu verbringen. Die Wölflinge, Jungpfadfinder*innen, Pfadfinder*innen und Rover*innen suchten sich selbst aus, zu welcher Route und welchem Ziel sie am meisten Lust hatten, und so wanderten beispielsweise die Pfadis und Rover*innen vom Zeltplatz aus in Richtung Bodeschlucht, um dort die Roßtrappe und den Hexentanzplatz zu besichtigen. Die Wös hatten ebenfalls allerhand zu tun: am Dienstagabend machten zehn Wölflinge feierlich ihr Wölflingsversprechen am Lagerfeuer vor der Meute.
Der Mittwoch wurde weiter in den Stufen verbracht und war vor allem in der Jupfi- und der Pfadistufe von der Versprechensvorbereitung geprägt. In der Vorbereitungszeit beschäftigen sich die Jugendlichen intensiv mit ihren eigenen Interessen, Wünschen und Zielen und formulieren daraus ihr Versprechen. Am frühen Abend trafen sich alle Teilnehmenden zurück am Lagerplatz, um gemeinsam mit Pfarrer Christian Schäfer, der zu Besuch war, Gottesdienst zu feiern. Wir hörten und sprachen gemeinsam über „saure Zungen“ – Dinge, die jede*r mal sagt, die ihr oder ihm aber im Nachhinein unangenehm sind. So reflektierten wir und fassten gemeinsam den Entschluss, besser auf unsere Worte aufzupassen, da wir wissen, wie sehr sie verletzen können.
Am gleichen Abend wurden dann im Beisein des Stammes im flammenden Schein von Fackeln und Lagerfeuer sieben Versprechen der Jupfistufe und fünf Versprechen der Pfadistufe abgelegt.
Nach den beiden Stufentagen war dann am Donnerstag ein Geländespiel für den ganzen Stamm geplant: Wölflingsleiter Eric Tielkes hatte ein tolles Spiel entwickelt, das an Stratego angelehnt, aber an den Harz angepasst war: es schlichen und rannten somit mehrere Stunden lang viele Kaninchen, Luchse, Mäuse, Waschbären, Wanderfalken, Auerhühner, Mufflons, Hirsche und Feuersalamander durch den Harz – jede Gruppe versuchte, Spielkarten der anderen Mannschaft zu erbieten und zur Basis zu bringen. Dabei musste jedoch die Flagge der eigenen Mannschaft vor dem Diebstahl beschützt werden und die eigene Spielkarte durfte nicht in einem Duell verloren gehen. Der Nachmittag stand den Kindern und Jugendlichen zur freien Verfügung und es konnten sowohl viele Spiele gespielt, als auch entspannt werden.
Die Rover*innen und Leiter*innen beschäftigten sich währenddessen mit der Vorbereitung ihres Versprechens und setzten sich, mehr noch als die jüngeren Stufen, mit ihrer eigenen Biografie auseinander: sie reflektierten ihre Leitungstätigkeit, aber auch die eigene Persönlichkeit sowie die Rolle in der Gruppe, im Stamm und in der Gesellschaft und arbeiteten Ziele für sich selbst heraus. Es wurde ein wundervoller Abend mit drei Versprechen der Roverinnen und vier Versprechen der Leitungsstufe, der durch die sogenannten Umstufungen vervollständigt wurde. Wenn Kinder und Jugendliche das Alter und die notwendige Reife für die nächsthöhere Altersstufe erreicht haben, werden sie feierlich von der alten Gruppe verabschiedet und laufen durch einen Menschentunnel, an dessen Ende sie von der neuen Gruppe empfangen werden. Ab diesem Zeitpunkt besuchen sie die Gruppenstunden der höheren Stufe und müssen sich in einer neuen Gruppe, mit neuen Truppmitgliedern und neuen Leitenden, zurechtfinden.
Der letzte Lagertag wurde etwas früher als sonst mit der Morgenrunde begonnen, denn es stand ein straffer Zeitplan bevor: bis zum Mittag musste alles Gepäck gepackt sein, alle Zelte mussten abgebaut sein und das Material geoordnet und verstaut sein – und das alles, bevor die nachfolgende Gruppe eintraf. Und so wurden, nach dem letzten obligatorischen Covid-Test, fleißig einige Knoten gelöst, viele Zeltplanen auseinander geknüpft und unzählige Stangen getragen, sodass wir das Lager pünktlich vor Eintreffen des Reisebusses mit einem Abschlusskreis und einem Gruppenfoto beenden konnten. Und so fuhren alle müde, aber glücklich zurück nach Witzenhausen, wo bereits die Eltern warteten.
Wir blicken zurück auf ein tolles Lager mit insgesamt 29 Versprechen, welches glücklicherweise trotz der Umstände stattfinden konnte und uns sicher allen in Erinnerung bleiben wird.